Albert Gouaffo, Deutschprofessor aus Kamerun, ruft zur Restitution afrikanischer Objekte aus Basler Museen auf. Leider reichte es im Foyer des Theaters nicht für eine lange Diskussion.
Einen kräftigen Schub in Richtung Dekolonisierung versprach die öffentliche Debatte mit dem Titel «Geteiltes kulturelles Erbe», die am 25. April nach Feierabend im Foyer des Theaters Basel stattfand. Der Ethnologe und Filmemacher Balz Andrea Alter (Africa Centre for Transregional Research der Universitäten Freiburg im Breisgau und Basel) machte allerdings zu Beginn der Veranstaltung klar, dass bloss fünf Viertelstunden zur Verfügung stünden, um über Museumsobjekte aus Afrika zu reden. Danach stünden die Stühle, auf denen rund hundert Personen Platz nahmen, dem Theaterpublikum zur Verfügung, das zur Einführungsveranstaltung zu «Der eingebildete Tote» kommen wollte, wie die Basler Version von Molières Bühnenstück heisst.
Das war ein ambitionierter Zeitplan, stand doch vor der Podiumsdiskussion mit Anna Schmid (Direktorin Museum der Kulturen), Elisa da Costa (Black Influencers Podcast), Barbara Heer (SP-Grossrätin Basel-Stadt), Marilyn Umurungi (Kunst- und Kulturforscherin) und Albert Gouaffo eine langfädige Einführung auf dem Programm, die der Moderator nutzte, um über Ziele, Hintergründe und die Organisatoren der Veranstaltung zu sprechen.
Restitution in der Öffentlichkeit
Mehrmals wies er, zwischen seinen Rollen als Wissenschaftler, emotionaler Animator und politischer Aktivist changierend, fast flehend darauf hin, dass es darum gehe, was das Thema der Restitution mit uns mache und welche Beziehung jeder Einzelne dazu habe. Ihm, so Alter, sei es ein besonderes Anliegen, dass sich nicht nur die Studierenden zu dieser Debatte versammelten, sondern auch eine interessierte Öffentlichkeit, denn Restitution gehe alle etwas an.
Danach hielt Albert Gouaffo, Professor für deutsche Literatur an der Université de Dschang in West-Kamerun, ein Impulsreferat. Nach der viertelstündigen Einleitung schaute man als Zuhörer erstmals auf die Uhr und fragte sich, kann das gut gehen? Der Gast aus Kamerun sprach knapp eine halbe Stunde, also bleibt noch eine halbe Stunde für die Podiumsteilnehmerinnen und -teilnehmer, aber kann man da noch diskutieren?
Raub von religiösem Teufelszeug
Im Kern zielte Gouaffo darauf ab, dass die meisten aus Afrika stammenden Objekte in unseren Völkerkundemuseen aus kolonialen Kontexten stammten. Besonders die Amulette und Statuetten, die leider viel zu oft in den europäischen Museen in den Depots vermoderten, hätten ursprünglich religiöse Bedeutung gehabt. «Wer verkauft denn schon freiwillig seine Gottheiten?», rief er ins Publikum. «Wer kauft mit welchem Recht einem Volk seine Gottheiten ab?», fragte er mit Bezugnahme auf die Basler Missionsgesellschaft. Sie hatte in vielen Teilen der Welt ihre Stationen, und deren Missionare brachten zahlreiche Kultgegenstände, die sie als Teufelszeug den zum Christentum Bekehrten abnahmen, nach Basel. Viele davon sind heute in den Depots des Museums der Kulturen.
Eine Steilvorlage für Anna Schmid, die gar nicht das Unrechtmässige dieser Erwerbungen aus kolonialen Kontexten infrage stellte, aber zu bedenken gab, dass sie schlicht und einfach noch keinen einzigen Restitutionswunsch aus Afrika zu bearbeiten hatte. Das Museum habe erste Objekte aus Australien oder Südamerika restituiert und freue sich, wenn auch Vertreter afrikanischer Nationen und Volksgruppen vorstellig würden.
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