$( document ).ready(function() { console.log( "ready!" ); });
List

Entdeckergeist, Kreativität und globaler Austausch bringen die Welt voran. Ob es um die Sicherung der Demokratie, den Kampf gegen den Klimawandel oder die Eindämmung von Pandemien geht – Wissenschaft und Forschung liefern Lösungen für die Zukunft.

Seit 1953 bringt die Humboldt-Stiftung die besten Forschenden aus aller Welt nach Deutschland. Damit ist die Stiftung ein Katalysator für Fortschritt und Verständigung. Unsere Geförderten stellen sich den globalen Herausforderungen – sie verfolgen ihre Ideen und produzieren wertvolles Wissen. Über 30.000 Forschende des Humboldt-Netzwerks schlagen Brücken, leisten Pionierarbeit, gestalten das Morgen. Einige von ihnen lernen Sie hier kennen. Menschen, die den Unterschied machen.
Wir sind dankbar für die Unterstützung unserer Förderer, die unsere Vision einer  sicheren, fairen und nachhaltigen gemeinsamen Zukunft teilen!

Eine starke Stimme gegen das koloniale Vergessen: Albert Gouaffo

Der kamerunische Kulturwissenschaftler Albert Gouaffo kämpft für die Anerkennung kolonialer Gewalt und einen geschichtssensiblen Umgang mit Kulturgütern aus Afrika. Seine Forschung zu vergessenen kolonialen Beständen in deutschen Museumsdepots bringt Licht in ein dunkles Kapitel der deutschen Geschichte.

Über 40.000 Objekte aus Kamerun werden heute in öffentlichen Museen der Bundesrepublik Deutschland aufbewahrt – der größte Bestand weltweit. Die staatlichen Sammlungen Kameruns umfassen dagegen nur rund 6.000 Artefakte. Ein Unterschied, der die Geschichte kolonialer Enteignung von 1884 bis 1916 und damit auch den Verlust von Identität und Wissen in Zahlen fasst. Vom Linden-Museum Stuttgart bis hin zum Ethnologischen Museum Berlin lagern in deutschen Museen Kulturgüter, mit denen lange Zeit auch der Umfang kolonialen Kulturraubs in Kamerun vergessen blieb. Bis jetzt. Denn mit dem „Atlas der Abwesenheit“ – einer über 500 Seiten starken Studie mit Karten, Fotomaterial und Biografien der Artefakte – rekonstruieren der Humboldtianer Albert Gouaffo, Professor für Deutsche Literatur und Kultur an der Université de Dschang in Westkamerun und die Kunsthistorikerin Bénédicte Savoy von der Technischen Universität Berlin erstmalig die unsichtbare Präsenz des afrikanischen Landes in deutschen Museen.

Die Publikation basiert auf dem Projekt „Umgekehrte Sammlungsgeschichte“ und ist das Resultat einer zweijährigen Zusammenarbeit zwischen Forschenden aus Kamerun und Deutschland sowie Kurator*innen von 45 deutschen Museen.  Die von Gouaffo mitinitiierte Studie will die Geschichte der Enteignung und die Perspektiven der Enteigneten vermitteln, sucht aber auch die Verbindungen zum eigenen kulturellen Erbe wiederherzustellen. Gouaffos Forschung trifft damit mitten ins Herz der aktuellen Debatten über den Umgang mit kolonialen Artefakten. Die deutsche Provenienzforschung hat in den letzten Jahren nicht zuletzt durch die Forderungen von zivilgesellschaftlichen Initiativen in den ehemaligen Kolonien wichtige Impulse erhalten. Doch erst die Verhandlungen über die Restitution der Benin-Bronzen und deren Rückführung nach Nigeria im Jahr 2022 setzte einen tiefgreifenden Prozess institutioneller Reflektion und musealer Aufarbeitung des kolonialen Erbes in Gang.

Genauso wie die deutsche Jugend von dem kulturellen Eigentum der eigenen Vorfahren lernen und darüber verfügen kann, darf dieses Privileg der afrikanischen Jugend nicht vorenthalten werden.
Albert Gouaffo, Professor für Deutsche Literatur und Kultur an der Universität Dschang, Kamerun

Albert Gouaffo, Professor für Deutsche Literatur und Kultur an der Universität Dschang, Kamerun

Das Forschungsprojekt von Gouaffo und Savoy ist ein weiterer bedeutender Schritt in der Dekolonialisierung deutscher Museen. Diese beginnt für Gouaffo mit der Präsentation und Benennung von Artefakten. Schon das Wort „sammeln“ sei ein beschönigender Ausdruck für die gewaltvolle Aneignung im kolonialen Kontext: „Der Begriff suggeriert den Eindruck, dass die Gegenstände frei verfügbar waren und man sie nur aufzuheben brauchte“, betont Gouaffo. Auch sei die Formulierung „Objekte“ unzureichend. Die Kulturgüter, die in den Museen lagern – von Textilien über rituelle Masken bis hin zu Manuskripten und Werkzeugen – seien keine passiven Artefakte, sondern Ausdruck oder gar Zentrum sozialer Interaktion. Sie besitzen eine „Präsenz“ und „Agency“ im Kontext kamerunischer Kultur und müssen als solche in gesellschaftliche Kontexte eingebettet werden.

Illustration: Anzahl der Objekte aus Kamerun in öffentlichen Museen weltweit
Anzahl der Objekte aus Kamerun in öffentlichen Museen weltweit

Gouaffos Forschung zur postkolonialen Erinnerungsarbeit hat auch die Geschichtspolitik und Vergangenheitsbewältigung in Kamerun geprägt. So ist am 25. Januar 2023 ein Interministerieller Ausschuss zur Rückführung illegal ins Ausland ausgeführter kamerunischer Kulturgüter gegründet worden. Der „Atlas der Abwesenheit“ kommt auch hier zur rechten Zeit. Er bildet eine wichtige Grundlage zur Klärung von Besitzverhältnissen. Doch vor allem möchte Gouaffo einen Dialog über neue Kooperationsmöglichkeiten anstoßen: „Im Falle Kameruns und Deutschlands sollte kollaborativ über die Bedingungen der Rückführung mancher dieser Kulturgüter verhandelt werden. Dies wäre auch eine Chance die bilateralen Beziehungen neu zu denken.“

Link : https://www.humboldt-foundation.de/entdecken/newsroom/aktuelles/avhwhatsnext/eine-starke-stimme-gegen-das-koloniale-vergessen

  Category: Musée

1 2
July 29th, 2023

#AvHWhatsNext? Mit Humboldt in die Zukunft

Entdeckergeist, Kreativität und globaler Austausch bringen die Welt voran. Ob es um die Sicherung der Demokratie, den Kampf gegen den […]

May 27th, 2023

Reverse History of Collections. An annotated atlas of Cameroon’s material heritage in German museums

The Cameroonian-German research project explores the forms and consequences of cultural property relocations from the former colony to Germany. On […]

April 30th, 2023

Wer verkauft schon seine Gottheiten?

Albert Gouaffo, Deutschprofessor aus Kamerun, ruft zur Restitution afrikanischer Objekte aus Basler Museen auf. Leider reichte es im Foyer des […]

March 19th, 2023

Freiburgs koloniales Erbe

In Freiburg findet derzeit im Augustinermuseum eine Ausstellung zum Thema Kolonialismus statt. Die wenigsten wissen, dass Deutschland einst die viertgrößte […]

January 27th, 2022

Museum Fünf Kontinente: Rund 50 Objekte wohl koloniale Raubkunst

Das Museum Fünf Kontinente in München überprüft seit 2019 die Provenienz von rund 200 Objekten. Das Projekt wird dabei allerdings […]

October 14th, 2021

Der Prinz Samson Dido aus Kamerun in Hamburg bei Carl Hagenbeck

May 9th, 2021

DAAD ALUMNI 2021: La reconnexion des anciens boursiers à Dschang

https://www.youtube.com/watch?v=TkNPeaaKHnk DAAD ALUMNI 2021: La reconnexion des anciens boursiers à Dschang
May 13th, 2020

„DAS EIGENE BEWUSSTSEIN IST DER EIGENTLICHE RICHTER“

Gemeinsam mit den Herkunftsgesellschaften erforschen zurzeit mehrere ethnologische Museen in Deutschland ihre kolonialzeitlichen Sammlungen. Im Interview mit „Latitude“ erzählt Germanist […]

May 8th, 2020

Der Pfosten aus Westafrika

April 11th, 2020

Journée porte ouverte sur la recherche sur la provenance en Allemagne

https://youtu.be/9SFguPGzNKc Kooperative Provenienzforschung zu einer kolonialen Sammlung aus Kamerun im Museum Fünf Kontinente