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Interview mit Astrid S. Klein und Albert Gouaffo

Stuttgart, Deutschland – Dschang, Kamerun 2024-2025. Die Kolapflanze kehrt zurück: Das Kunstprojekt “THE POWER OF THE KOLA” verhandelt und aktiviert neue Beziehungen, indem diasporische Kolapflanzen von Deutschland nach Kamerun reisen. Interview mit Astrid S. Klein und Prof. Albert Gouaffo.

Das Projekt der Künstlerin Astrid S. Klein THE POWER OF THE KOLA – das Lebendige verhandeln ist ein transdisziplinäres und translokales Kunstprojekt, das generationenübergreifend angelegt ist. Es findet in Zusammenarbeit mit Prof. Dr. Albert Gouaffo (Universität Dschang) statt und basiert auf Kleins langjähriger, vielstimmiger Forschung (Volume 4: THE POWER OF TROPICAL PLANTS / THE POWER OF THE KOLA). Die Restitution und Aktivierung von Wissen, die Gleichwertigkeit unterschiedlicher Wissenssysteme und die Verhandlung respektvoller, symmetrischer Beziehungen zwischen Menschen und allen Existenzen stehen dabei im Mittelpunkt.

In THE POWER OF THE KOLA – das Lebendige verhandeln reisen drei junge Kolapflanzen (Cola acuminata) aus der Diaspora in Deutschland nach Kamerun. Sie verlassen das Tropenhaus der Universität Hohenheim in Stuttgart und folgen einer Einladung nach Dschang.

Tropisches Sammlungsgewächshaus der Universität Hohenheim in dem die Elternpflanze (Cola acuminata) der Stecklinge seit 2015 lebt. © Astrid S. Klein, Foto: Dominique Brewing

Der Kolabaum und seine Samen, die Kolanüsse, haben eine große Bedeutung auf dem afrikanischen Kontinent, von dem die Pflanzen ursprünglich stammen. Entlang des tropischen Regenwaldgürtels und der angrenzenden Savannen sind sie unverzichtbar. 

Das Teilen der Kolanüsse steht unter anderem für das Leben, den Respekt, den Ausgleich, den Frieden, und begleitet alle wichtigen Ereignisse und Rituale.
In den Botanischen Sammlungen des Westens ist die Cola acuminata nur als tropische Nutzpflanze und Rohstoff gegenwärtig. Die Pflanzen erinnern mit ihrer Rückkehr an die in der deutschen Kolonialzeit millionenfach gesammelten und nach Europa verschifften Pflanzen und Tiere. Als Objekte der Ausbeutung wurden sie neu benannt, erforscht und in den botanischen und agrarökonomischen globalen Netzwerken als Rohstoffe aufbewahrt, verteilt und kapitalisiert. Ihres Kontextes und ihrer lokalen Bedeutung beraubt, stehen sie für die Aneignung und Kolonisierung von Wissen, und die koloniale Plantagenwirtschaft mit all ihren Folgen.

Magni Si Delphine Kenfack © Astrid S. Klein, Foto: Max Mbakop

Die gewagte und absurd anmutende Reise der Pflanzen fand nach langer Vorbereitung im März 2024 statt. Die glückliche Ankunft der diasporischen Pflanzen in Dschang wurde von künstlerischen Interventionen und transdisziplinären Sessions zu Botanik, Kolonialwirtschaft, Restitution von Wissen, Ökonomie und Ungleichheit mit zahlreichen Gästen im Musée des Civilisations de Dschang begleitet. Nach einem großen Ritual der Magni Si (Zwillingsmütter) setzten Kinder aus Dschang die drei Pflanzen zusammen mit einer lokalen Kolapflanze in die Erde. Abschließend wurde die Neuverbindung der diasporischen Pflanzen mit einem Konzert gefeiert.

Im Januar 2025 folgt eine vertiefende Veranstaltung in Dschang und anschließend ist geplant, das Projekt in Stuttgart und Berlin zu zeigen. Das begleitende Hörstück TO THE RED SOIL ist hier zu hören.

Wir haben die Künstlerin Astrid S. Klein und ihren Projektpartner Prof. Dr. phil. Albert Gouaffo zu dem Projekt befragt.

Astrid S. Klein, was waren Ihre Beweggründe für die Durchführung dieses Projektes? 

THE POWER OF THE KOLA – das Lebendige verhandeln hat in meiner langjährigen Forschung und künstlerischen Arbeit zu gemeinschaftlichen Handlungsräumen vor dem Hintergrund der Kolonialität unserer Beziehungen und den Folgen kolonialer Ideologien einen wichtigen Stellenwert. Viele gravierende ökologische, ökonomische und soziale Probleme hängen mit Extraktivismus, dem Zeitalter der Plantagenwirtschaft und der anhaltenden Kolonialität der Verhältnisse und der Wissensgeschichte zusammen. Ich halte es für existenziell, symmetrische Handlungsräume zu schaffen, in denen vielgestaltiges Wissen zur Sprache kommt, um gemeinsam dringend notwendige Veränderungen für eine lebenswerte Zukunft alles Lebendigen herbeiführen zu können.

n diesem Zusammenhang kann das Projekt als eine gemeinsame Handlung mit mehreren Facetten verstanden werden: die des Aufbruchs, die des Willkommenheißens und die des sich Neu-Verbindens. Die Handlung ist bedeutungsvoll, real, sie bedarf vieler Akteur:innen, und sie hat in ihrer scheinbaren Absurdität auch eine Leichtigkeit und einen utopischen Aspekt. Sie findet konkret statt, ist ein Wagnis und unkontrollierbar. Wir wissen nicht, ob sie gelingt, welche Resonanz sie erzeugt, und wir wissen nicht, was die Kola, mit ihrer besonderen Kultur, jetzt und in Zukunft aktiviert. Der Kolabaum wächst langsam, er wird sehr alt und trägt spät, aber lange Früchte. Die Pflanzen verbinden also auch Generationen. Die Kinder in Dschang, die die Pflanzen in die Erde gesetzt haben, können vielleicht später die Kolanüsse der Bäume und das Wissen um sie und ihre diasporische Geschichte teilen. Und in Deutschland sind wir mit ihnen über die Elternpflanze im Tropenhaus Stuttgart-Hohenheim verbunden. Diese markiert nun einen diasporischen Ort der kritischen Reflektion ihrer Sammlungsgeschichte.

Projekt der Künstlerin Astrid S. Klein “THE POWER OF THE KOLA – das Lebendige verhandeln”, © Astrid S. Klein, Foto: Dominique Brewing

Es liegt eine Zuversicht darin, dass wir es mit der Energie der Kola schaffen können, gleichwertige respektvolle Beziehungen zu verhandeln, in Anerkennung einer gewaltvollen Vergangenheit und Gegenwart.

Der lange Weg der Pflanzen zurück in ihre Herkunftsregion erforderte sicherlich viel Planung und Vorarbeit. Was empfanden Sie als besondere Herausforderung?

Es hat lange gedauert, bis die Pflanzenreise realisiert werden konnte. Lebende Pflanzen als Partner:innen stellen eine besondere Verantwortung dar. Die erste Idee zum Projekt entstand 2015, als ich die Elternpflanze der Stecklinge als Repräsentantin diasporischer tropischer Pflanzen aus dem botanischen Garten Berlin Dahlem in meine Ausstellung im Heidelberger Kunstverein eingeladen habe. Dort kamen wir zum Schluss, dass diese Pflanze anschließend nach Kamerun reisen sollte.

Es liegt eine Zuversicht darin, dass wir es mit der Energie der Kola schaffen können, gleichwertige respektvolle Beziehungen zu verhandeln, in Anerkennung einer gewaltvollen Vergangenheit und Gegenwart.Astrid S. Klein

Doch das kam nicht zu Stande, stattdessen wurde sie, um zu überleben, im Tropenhaus der Universität Hohenheim eingepflanzt und das Projekt ruhte. 2021 nahm ich das Projekt wieder auf und es gelang, in Hohenheim Stecklinge zu ziehen, die für die Reise bereit waren. Die Begegnung mit Prof. Dr. Albert Gouaffo und der Austausch über das Projekt führten zur Einladung nach Dschang. Zwei Jahre später waren die Rahmenbedingungen geschaffen und die gemeinsame Planung konnte beginnen. Ohne diese Einladung von Prof. Dr. Gouaffo, sein Interesse und seine Unterstützung hätte ich das Projekt nicht realisiert. Ich bin sehr glücklich über die inspirierende Zusammenarbeit.

Eine besondere Herausforderung während der Vorbereitung war es, den botanischen Gärten die Bedeutung dieser Pflanzenreise zu vermitteln und Unterstützung dafür zu bekommen. Es scheint in Deutschland eine Leerstelle zu geben, was die Geschichte der Botanik, der Agrarwissenschaft und die Verschränkung der Forschung mit kolonialer Wirtschaft betrifft. Die Kolonialität darin scheint kein wichtiges Thema zu sein. Dazu kommt, dass Forschung, die in der Kunst und nicht im naturwissenschaftlichen Kanon stattfindet, für viele nicht ernstzunehmen ist.

Sehr komplex waren auch die praktischen Probleme der Reise. Nicht alle Pflanzen dürfen international reisen, zum Schutz gefährdeter Arten gibt es umfangreiche Gesetze. Pflanzen brauchen Zollpapiere und phytosanitäre Zeugnisse, sie dürfen nur ohne Erde reisen und müssen in den Frachtraum des Flugzeugs. Wie können sie die mehrtägige Reise überleben? Wie hält man sie feucht und warm? Wie schaffen sie das ohne Licht? Durch die Pandemie hatte sich die Reise verschoben, die Pflanzen waren gewachsen und inzwischen über zwei Meter hoch. Wie verpackt man sie? Dazu gab es kein Vorwissen und wir mussten vieles ausprobieren. Während des Frachtfluges waren die Pflanzen plötzlich mehrere Tage verschollen…wir hatten einige Nervenkrisen und schlaflose Nächte.

Einblicke in das Projekt

Wie ist das Projekt in Kamerun aufgenommen worden?

Sobald der “White Cube” verlassen wird und prozessorientierte, translokal und transkulturelle Projekte im realen Raum stattfinden, gibt es keine verbindlichen Konventionen. Die Kontexte, die Vorstellungen und Erwartungen sind völlig verschieden und zeitgenössische Kunst spielt erst mal eine periphere Rolle.

Ich wurde zu Beginn gründlich unter die Lupe genommen und meine Glaubwürdigkeit wurde geprüft. Verständlicherweise ist die deutsche koloniale Vergangenheit mit ihren Verbrechen ein sehr wichtiges Thema. Damit verbunden ist die Forderung der Anerkennung dieser Taten durch die deutsche Regierung. Restitution und Reparation in allen betroffenen Bereichen sind grundlegend wichtig. Als Künstlerin kann ich dies zur Sprache bringen und die Forderungen unterstützen. Die Restitution von Wissen, wie sie in unserem Projekt angesprochen wird, unterscheidet sich jedoch von einer zwischenstaatlichen Restitution grundlegend. Das war und ist ein wichtiger gemeinsamer Diskussionspunkt.

In der Vorbereitung vor Ort wurde das Projekt täglich größer, mit immer mehr Teilnehmenden. Nach Mitgliedern und Studierenden der Universität und den eingeladenen Beitragenden hat auch der Königshof der Königshof von Foto-Dschang eine Abordnung geschickt.

Meiner Wahrnehmung nach ist es gelungen, sehr unterschiedliche Teilnehmende aus Zivilgesellschaft, Kunst und Natur- und Geisteswissenschaft, über anglophone und frankophone Grenzen hinaus, in den Sessions ins Gespräch zu bringen. Das ungewöhnliche, nicht hierarchische Format und der dafür gestaltete Raum im Musée des Civilisations mit künstlerischen und musikalischen Interventionen waren willkommen und haben gut funktioniert. Überraschend war, dass vieles, was im Audiostück TO THE RED SOIL zur Kola Kultur zur Sprache kommt, den jungen Zuhörer:innen nicht bekannt war und sie es wichtig fanden, das zu erfahren.

Das Ritual der Magni Si, das im botanischen Garten für die Pflanzen durchgeführt wurde, fand mit einem sehr diversen Publikum und viel Resonanz statt und das folgende Abschlusskonzert wurde ein großes Fest. Nach der Veranstaltung gab es begeisterte Rückmeldungen und der Wunsch wurde geäußert, THE POWER OF THE KOLA nun jährlich stattfinden zu lassen.

Gibt es Pläne, das Projekt weiterlaufen zu lassen?

Ja, das ganze Projekt ist so angelegt, dass es unabhängig von uns weiterlebt. Die Pflanzen als Hauptakteur:innen werden hoffentlich zu großen Bäumen heranwachsen und so die Verbindung weiter stärken. Im Moment geht es darum, sie gut zu pflegen. Prof. Dr. Félix Meutchieye der Universität Dschang mit seinem Team kümmert sich darum. Langfristig wird es interessant, wie sich die Pflanzen aus dem Tropenhaus vor Ort entwickeln und auf die Umgebung reagieren. Es gibt durch die Veranstaltungen nun neue Kontakte zwischen den Botanischen Gärten und ein mögliches gemeinsames Projekt steht im Raum.

In Deutschland haben Prof. Dr. Gouaffo und ich vor, die Pflanzenreise, ihre Bedeutung und die verbundenen Themen in einer performativen Veranstaltung lokal zu kontextualisieren und zu zeigen.

Anfang 2025 wollen wir gemeinsam das Gelände in Dschang mit einer Tafel markieren, die das Projekt und den Erinnerungsort vergegenwärtigt. Ein vertiefender Think Tank zur Nachhaltigkeit mit Studierenden der Universität Dschang und Künstler:innen ist vorgesehen. Das Konzept von Prof. Dr. Félix Meutchieye zum neuen botanischen Garten, der eben auf dem Campus der Universität entsteht, soll dabei auch zur Sprache kommen. Auch stellt sich die Frage wie die Kinder und Jugendlichen der Lessa’art kids academy in Dschang weiter zu ökologischen Themen und lokalem Pflanzenwissen arbeiten und vielleicht eine Art Patenschaft für die Bäume übernehmen können. Doch wie so oft ist die Finanzierung für solche Vorhaben schwierig. Es gibt in Kamerun leider immer noch keine unabhängige Kunstförderung. Das verhindert so vieles, da die meisten Künstler*innen in prekären Umständen leben. Internationale Kunstförderung, wie die ifa-Programme Ausstellungsförderung und Künstler:innenkontakte, die lokale Förderung der Goethe Institute,

Yannick Zankia, Dr. Abdoulaye Herbert und Studierende der Universität Dschang mit den diasporischen Pflanzen in der Baumschule. © Astrid S. Klein, Foto: Osias Noubissi

wie auch der Abteilung für internationale Kunstprojekte des Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg bleiben essenziell für alle Seiten solch besonderer nicht-kommerziellen kollaborativer Kunstprojekte. Es gibt also viele Pläne für die Zukunft und wir freuen uns über Möglichkeiten der Verstetigung.

Prof. Dr. phil. Albert Gouaffo, was hat Sie motiviert, mit Astrid S. Klein zusammenzuarbeiten?

Ich arbeite seit über zehn Jahren zu Fragen der Translokation kamerunischer Kulturgüter im kolonialen Kontext zwischen 1884 bis 1919 mit Deutschland. Dazu gehören Ethnologica, Zoologica, Botanica, aber auch sogenannte menschliche Überreste. Dieser Transfer geschah in einem Unrechtkontext. Es gilt, gemeinsam diese Zeit der massiven Extraktion im Kontext der Aufarbeitung deutsch-kamerunischer kolonialer Vergangenheit kritisch zu beleuchten. Die Folgen dieses Extraktivismus in den beiden Räumen sind tagtäglich zu beobachten und halten koloniale Strukturen in der Gegenwart aufrecht. Das ist der Grund, warum ich die Anfrage der Künstlerin Astrid S. Klein für wichtig hielt und ihr meine Unterstützung zusicherte.

Wie würden Sie die Projektbotschaft beschreiben?

Der Kolonialismus ist die Geschichte der systematischen gewaltvollen Inbesitznahme fremder Territorien zugunsten des eigenen Profits. Ohne Rücksicht auf ökologische Nachhaltigkeit werden diese Gebiete ausgebeutet. Dies führt zur Zerstörung der Existenzgrundlagen in den kolonisierten Räumen. Die Bevölkerung ist durch das Ungleichgewicht in der Nutzung natürlicher Ressourcen direkt betroffen und so wird soziale Ungleichheit und Ungerechtigkeit zementiert. Am Beispiel des Projekts von Astrid S. Klein gilt es metaphorisch, das gestohlene Wissen über die botanische Vielfalt zu restituieren, aber auch die Naturressourcen umzuverteilen, damit Frieden, Menschlichkeit und Gerechtigkeit Realität werden.  

“Am Beispiel des Projekts von Astrid S. Klein gilt es metaphorisch, das gestohlene Wissen über die botanische Vielfalt zu restituieren, aber auch die Naturressourcen umzuverteilen, damit Frieden, Menschlichkeit und Gerechtigkeit Realität werden.Prof. Albert Gouaffo”

Welche Herausforderungen gab es vor Ort?

Die Herkunftsgesellschaft hat zum ersten Mal erfahren, dass sich Schätze ihrer Flora in botanischen Gärten und Herbarien in Deutschland als Nachlass der kolonialen Wirtschaft befinden. Sie nahm die diaporischen Pflanzen feierlich entgegen und verwandelte den Ort im botanischen Garten der Universität Dschang durch lokale Rituale der Zwillingsmütter in einen postkolonialen Erinnerungs- und Begegnungsort. Die Magni Si, die Zwillingsmütter, bringen immer Freude. Sie sind Friedenstifterinnen in der Gemeinschaft der Grassfields von Kamerun und werden als Gesandte Gottes angesehen. Im Ritual wurde mit den diasporischen Pflanzen in symbolischer Weise daran erinnert, wohin sie als Ressourcen transloziert wurden und wessen Wohlstand sie gedient haben und immer noch dienen. Sie stehen auch für Millionen botanischer Extrakte, die zu medizinischen Zwecken in Forschungsinstituten ohne Einverständnis der Kameruner profitabel gemacht werden.

Gärtnermeister Michael Kurz und Astrid S. Klein untersuchen eine der Pflanzen. © Astrid S. Klein, Foto: Dominique Brewing

Die große Herausforderung lag darin, die Existenz der Kolapflanze in Deutschland und ihre koloniale Herkunft zu erklären. Die Kolanuss, der Samen des Kolabaums, hat vor allem eine kulturelle Funktion. Zwar wird die Kola verkauft, aber niemand in Kamerun würde auf den Gedanken kommen, daraus eine Nutzpflanze zu machen und sie massenweise anzubauen. Das Bedürfnis ist nicht da, weil der Kolabaum über hundert Jahre Früchte tragen kann. Die Idee einer diasporischen Kolapflanze war deshalb am Anfang unverständlich. Das wurde erst klar, als sie in den Kontext der kolonialen Extraktion von Ressourcen gestellt wurde. Da konnte man sie mit anderen Nutzpflanzen wie Bananen, Kautschuk, Kaffee etc. in Beziehung setzen. Diese Großplantagen bedrohen die Existenz der Bevölkerung, weil immer mehr Flächen für den Anbau solcher Produkte verwendet werden, sie jedoch nicht vor Ort konsumiert werden. 

Wie haben die Pflanzen die lange Reise überstanden und wie geht es ihnen jetzt?

Zwei der drei Kolapflanzen haben die Reise lebend überstanden. Neben ihrer lokalen Schwesterpflanze gedeihen sie gut und symbolisieren die deutsch-kamerunische Begegnung von gestern und heute.

Über die Interviewpartner:innen

Albert Gouaffo, Prof. Dr. phil, unterrichtet deutsche Literatur- und Kulturwissenschaft sowie interkulturelle Kommunikation an der Université de Dschang in Westkamerun. Er ist Vizepräsident des Vereins der Germanisten südlich der Sahara (GAS). Zu seinen Forschungsinteressen gehören die deutsche Literatur der Kolonialzeit in Afrika, die deutsche Literatur der afrikanischen Diaspora, Erinnerungsstudien und Provenienzforschung zu Kulturgütern, die während der deutschen Kolonisation entwendet wurden.

Aktuelle Publikationen: Koloniale Verbindungen – transkulturelle Erinnerungstopografien: Das Rheinland in Deutschland und das Grasland Kameruns, 2019, Transcript-Verlag, Bielefeld;  Atlas der Abwesenheit – Kameruns Kulturerbe in Deutschland, Juni 2023, Dietrich Reimer Verlag, basierend auf dem Projekt “Umgekehrte Sammlungsgeschichte“, unter Leitung von Albert Gouaffo (Université de Dschang) und Bénédicte Savoy (Technische Universität Berlin). www.albert-gouaffo.com

Die Künstlerin Astrid S. Klein arbeitet seit 2005 mit Protagonist:innen des afrikanischen Kontinents, der afrikanischen Diasporen, der Karibik und Europas in vielstimmigen und nachhaltigen Projekten zusammen. In ihrer Forschung stehen das Dezentrieren des eigenen Denkens, das Entstehen neuer Beziehungen durch anderes Wissen und Möglichkeiten gemeinschaftlichen Handelns im Zentrum. Die Untersuchungen folgen Verbindungslinien und Pfaden, die die “koloniale Bibliothek” (V.Y. Mudimbe) verlassen und lebendige, nicht essentialistische Nachbarschaften mehrerer Welten erlauben. Klein ist Meisterschülerin der Künstlerin Joan Jonas. Ihre transdisziplinäre Praxis umfasst poetisch-kritische Untersuchungen in unterschiedlichen Medien sowie Formate öffentlicher Veranstaltungen.

Ihre Arbeiten werden international gezeigt. Astrid S. Klein ist Gründungsmitglied der Gesellschaft für Künstlerische Forschung in Deutschland / Baden-Württemberg und lehrt Gender & Cultural Studies, sowie Forschungsstrategien an der HSD – Peter Behrens School of Arts in Düsseldorf.

Das Projekt wurde gefördert von: ifa – Institut für Auslandbeziehungen e.V., Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst Baden-Württemberg, quartier flottant, Goethe-Institut Kamerun

Die Künstlerin dankt allen Beteiligten:

Prof. Dr. Albert Gouaffo und Team, Prof. Dr. Félix Meutchieye und Team, Dr. Abdoulaye Herbert, La famille forestière (Université de Dschang), Thekla Worch-Ambara und Team (Goethe Institut Kamerun), Marc Gegenfurtner (Kulturamt Stuttgart), Nina Nguedia (Musée des Civilisations de Dschang), Dr. Serge Verlain Djomo (Botanic Garden Limbé), Chantal Edie (The Forest), Dr. Lucie Mbogni Nankeng (Lessa‘art kids academy), Magni Si Peace Group, Magni Si seiner Majestät des Königs von Foto-Dschang, Dr. Olive Fonjeu Fokou (African Women‘s Network for Community Management of Forests, REFACOF), Charles Ndamo, Rass and Ghislaine Nganmo (Love N’Live), Serge N. Ngouffo, Charly Njinkemo, Pen Boy, Mag Bila, Pchords, Jows, Alice Enowma Ncha, Dr. Salamatou (Université de Yaoundé I), Dr. Alexandra Kehl (Universität Tübingen), Dr. Helmut Dalitz, Dr. Robert Gliniars, Dr. Rhinaixa Duque-Thüs, Michael Kurz und Team (Universität Hohenheim).

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